ANATOL BOYD

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COLD LOVE (seelenstahlbaden)

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Leopold von Sacher-Masoch’s novella cycle The Legacy of Cain was planned as a poetic panorama of the chills and chasms of a natural history of humankind. However, only two of six parts were completed, the volumes on love and property. COLD LOVE (seelenstahlbaden) speculatively continues his abandoned magnum opus in five miniature plays. Following the structure of a Japanese nō-theater festival, different performative perspectives on the risks of modern projects of freedom are chosen and explored in their potential for frustration in a model-like manner—as a therapeutic soul treatment for the lovesick.

With materials by Guillaume Dustan, Dorothee Günther, Alexandra Kollontai, Yukio Mishima, Leopold von Sacher-Masoch, Max Stirner, Pseudo-Zenchiku/Bertolt Brecht.

Programmheft

Leopold von Sacher-Masoch hat in seinem unvollendeten Novellenzyklus Das Vermächtnis Kains die Kälten und Klüfte moderner Freiheitsbemühungen beschrieben. Die Dioramen menschlicher Gewaltsamkeiten, welche sein literarisches Projekt einer ‚poetischen Naturgeschichte des Menschen’ hervorbrachte, sind neben neben dem kommerziellen Kalkül erotischer Populärliteratur einer politischen Aufklärung verpflichtet, die um ihre Zumutungen weiß. Denn die von Sacher-Masoch projektierte neuheidnische Sinnlichkeit, die unter matriarchalen und kosmopolitischen Vorzeichen steht, ist mit der Auflösung jener Identitäten und moralischen Kategorien verbunden, die noch von der patriarchalen Gesellschaft geprägt sind.

So sind seine exemplarisch angelegten Schriften neben Figuren wie der bekannten, peitschenschwingenden 'Venus im Pelz' auch von solchen Subjektivitäten bevölkert, welche einen asketischen Impuls verfolgen und sich den neuen, aufbrechenden Erfahrungsmöglichkeiten verweigern. Eine ebensolche Figur ist Anatol aus Die Liebe des Plato, was den hermeneutisch unbekümmerten Ludwig II. seinerzeit dazu brachte, im Autor seinen Seelenverwandten auszumachen und mit ihm unter diesem Pseudonym in Briefkontakt zu treten. Sacher-Masochs erotische Neugier war entzündet und so überredete er den peinlich um Diskretion bemühten bayerischen Herrscher zur Konkretion ihres spirituellen Verkehrs in Form eines nächtlichen Blind Dates im Hotel Bernauer in Bruck.

COLD LOVE (seelenstahlbaden) lädt unter selbigem Pseudonym zu einem kollektiven Blind Date mit den philosophischen Themen des anthropologisch versierten Erotikers Sacher-Masoch. In einer Reihe von Stück-Miniaturen wird seine Ausstellung radikaler Formen des Liebens als spekulative Konstellation von historischen Experimenten mit libidinösen Ökonomien fortgesetzt. Die Grundstruktur eines japanischen nō-Festspiels adaptierend werden die jeweiligen Ausgangsmaterialien als gleichsam theatrale wie soziale Modelle erkundet. Versucht wird, die Risiken und Nebenwirkungen moderner Freiheitsprojekte anhand unterschiedlicher Darstellungsmodi erfahrbar zu machen – als therapeutische Seelenexpedition für Liebeswillige.

Mit Materialien von Guillaume Dustan, Dorothee Günther, Alexandra Kollontai, Yukio Mishima, Leopold von Sacher-Masoch, Max Stirner, Pseudo-Zenchiku/Bertolt Brecht.

Programmheft

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Credits

PerformersCornelius Kiene, Lea Reihl, Anna K. Seidel, Nils Thalmann, Niklas Wetzel and Julius Gruner, Nathalie Schörken, Katharina Stark

DirectionLennart Boyd Schürmann

DramaturgyMoritz Nebenführ

CompositionStanislav Iordanov

CostumesCarla Renée Loose

StageMarleen Johow, Lennart Boyd Schürmann

Artistic ContributionAchinoam Alon

Graphic LeporelloChristian Eisenberg

ProductionOFS/Münchner Kammerspiele

Fotos Constanza Meléndez (1-8)